Über UniStart Deutsch

Im Mai 2019 hat mit finanzieller Unterstützung des DAAD das Projekt UniStart Deutsch@NBL[1] begonnen. Es ist ein auf 10 Jahre angelegtes Projekt zur Untersuchung der Deutschkenntnisse und der Einstellungen zum Deutschlernen bei Studienanfängerinnen und -anfängern in den fünf nordischen Ländern Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden sowie in den drei baltischen Ländern Estland, Lettland und Litauen. An möglichst vielen Hochschulen[2] in der Region mit einem relevanten Angebot an Studiengängen mit Deutsch bzw. Deutschkursen wird das Sprachniveau der Studienanfängerinnen und -anfänger im Deutschen standardisiert getestet. Darüber hinaus werden mittels Online-Befragung Daten zur Sprachbiographie (z. B. Vorkenntnisse im Deutschen), zur Lernmotivation (z. B. Deutsch als nützlich für die berufliche Perspektive) und zu Spracheinstellungen (z. B. Deutsch als attraktive Sprache) bei den Teilnehmenden erhoben.

Seinen Ausgangpunkt nimmt UniStart in der Idee, genauer zu untersuchen, wie viel Substanz in der häufig zu hörenden Klage steckt, die Sprachkenntnisse der Studienanfängerinnen und -anfänger in den „deutschen“ Studiengängen, sei es nun Germanistik, „Wirtschaftsdeutsch“ oder Translatologie, würden immer schlechter – im Vergleich zu einem nicht näher spezifizierten „Früher“. Als Erhebungsinstrument für eine solche Untersuchung der Sprachkenntnisse einschließlich möglicher Veränderungen über die Jahre hinweg bietet sich ein regelmäßiges, jährlich zu Beginn des Studienjahres mit den neuen Studierenden durchgeführtes Screening mittels des Online-Spracheinstufungstests onSET (www.onset.de, ein C-Test) an. Diesbezüglich kann bereits auf gewisse Vorerfahrungen aus Litauen 2005-2009[3] sowie aktuell aus Odense seit 2012 zurückgegriffen werden. Hier lassen sich keine wesentlichen Veränderungen der deutschen Sprachkenntnisse über die jeweiligen Untersuchungszeiträume hinweg bei den Studienanfängerinnen und -anfängern beobachten. Da dies jedoch nur Einzelbefunde sind, erscheint eine Langzeitstudie sinnvoll. Wegen der sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen wird die onSET-Erhebung mit einer Online-Befragung der neuen Studierenden zu ihrer Sprachbiographie, zur Motivation für die Wahl eines Studiengangs mit Deutsch und zu Spracheinstellungen zum Deutschen gekoppelt. Die vielfältigen Unterschiede der Zugangsvoraussetzungen, der Studienorganisation und der Studienprogramme in den einzelnen Ländern, aber auch zwischen den einzelnen Hochschulen, und nicht zuletzt die sehr unterschiedlichen Bedingungen von Online- und Campusstudium führen dabei allerdings zu einer Komplexität, die nicht bereits in der ersten Erhebungsrunde bewältigt werden kann. Hinzu kommt, dass der Spracheinstufungstest onSET mancherorts erst eingeführt werden muss. An der ersten Erhebungsrunde im Herbst 2019, die dadurch den Charakter eines Testlaufs erhält, wird deshalb nur eine beschränkte Anzahl von Hochschulen teilnehmen.

Dem onSET wird eine Online-Befragung vorgeschaltet. Sie beinhaltet (i) validierte motivationale und attitudinale Fragen zu Bereichen wie Instrumentality, Ideal L2-Self und Anxiety, wobei wir uns hier auf die einschlägige Forschung insbesondere von Zoltan Dörneyi stützen (vgl. https://www.zoltandornyei.co.uk). Daneben sind (ii) ausgewählte Fragen zu den Gründen für das Studium des Deutschen in Anlehnung an die „10 Gründe für Deutsch“ des Goethe-Instituts (https://www.goethe.de/de/spr/wdl.html; nicht validiert) sowie (iii) Fragen zu Alter und Geschlecht, Studiengang, Studienform[4] und Hochschule sowie zur Sprachbiographie enthalten. Beim Einstieg in die Online-Befragung kann von den Teilnehmenden eine an die Länderversionen gekoppelte Sprachversionenwahl vorgenommen werden; Deutsch und Englisch sind immer in der Auswahl enthalten. Mit den Länderversionen sind außerdem bei manchen Fragen (z.B. nach dem Studiengang und der Hochschule) bestimmte Auswahlmöglichkeiten verbunden.

Im Zentrum der Untersuchung stehen Hochschulen mit „vollen“ Deutsch-Studiengängen, und zwar unabhängig vom Profil, sei es ein germanistischer Kombinationsstudiengang mit „Wirtschaftsdeutsch“, eine Germanistik zur Ausbildung von Lehrkräften, eine Germanistik im Rahmen eines Translationsstudiums, eine auf eine spätere wissenschaftliche Tätigkeit ausgerichtete Germanistik oder etwas anderes. Es werden jedoch auch kürzere Verläufe wie ein sogenanntes Jahresstudium, das an einigen Institutionen möglich ist, oder Deutsch als Nebenfach in unterschiedlichen Formen berücksichtigt, da hier ein wesentliches Potenzial für die Entwicklung und Attraktivität des Faches gesehen wird. Um das Vorhaben regelmäßiger Datenerhebung trotz der großen Vielfalt an Studienmöglichkeiten durchführbar zu halten, beschränken wir uns allerdings darauf nur solche Hochschulen einzubeziehen, an denen mindestens 25 ECTS-Punkte Deutsch studiert werden können.[5]

Ein wesentliches Ziel von UniStart Deutsch@NBL ist, nach Abschluss der Projektlaufzeit belastbares Datenmaterial zum Stand einschließlich eventueller Veränderungen der deutschen Sprachkenntnisse von Studienanfänger_innen in den verschiedenen Studiengängen mit Deutsch, zum sprachbiographischen Hintergrund sowie zu motivationalen und attitudinalen Faktoren in den nordischen und baltischen Ländern erhoben, analysiert und interpretiert zu haben und somit Aussagen dazu jenseits des Anekdotischen oder Impressionistischen zu ermöglichen (Längsschnitt). Tendenzen werden sich bereits viel früher, während die Untersuchung noch läuft, ablesen lassen. Ein weiteres wesentliches Ziel besteht darin, bereits ab der ersten Erhebungsrunde für die teilnehmenden Hochschulen valide Erkenntnisse über die Sprachkenntnisse ihrer Studienanfängerinnen und -anfänger im Deutschen einschließlich sprachbiografischer, motivationaler und attitudinaler Faktoren zutage zu fördern, was mit Gewinn z.B. für eine realistische Abstimmung der Studienanforderungen mit den sprachlichen Fähigkeiten der Studierenden genutzt werden kann (Querschnitt). Darüber hinaus wird ausdrücklich angestrebt, die gewonnenen Erkenntnisse in den Dialog mit Akteuren aus dem vorgeschalteten Schulbereich einzubringen, ist doch die Basis für das Deutschlernen bei den meisten Studienanfängerinnen und -anfängern lang vor Studienbeginn gelegt worden.

Was UniStart Deutsch@NBL ausdrücklich nicht anstrebt, ist, eine Vergleichsstudie zwischen einzelnen Hochschulen, Hochschulstandorten, Ländern oder Regionen im Sinne einer „Leistungsschau“ zu sein.

Als ein sekundäres Ziel erhofft sich die Projektgruppe, dass die Untersuchung von UniStart Deutsch@NBL mit ihrer Fragestellung und Methodik, ggf. mit erforderlichen Anpassungen und Ergänzungen, auf andere Regionen übertragen werden und dort Anwendung finden kann.


[1] Der Titel baut auf einem Vorschlag von Joachim Schlabach, Universität Turku, auf; NBL steht für „nordische und baltische Länder“.

[2] Wir sprechen nur von Hochschulen als übergreifende Bezeichnung für Universitäten, Fachhochschulen, University Colleges, Pädagogische Hochschulen usw.

[3] Vgl. Geyer, Klaus. 2009. Sprachstandmessung und Lernfortschritte litauischer Studierender im Fach Deutsch: eine vergleichende Analyse mittels C-Test-Ergebnissen. In: Language in Different Contexts, Research Papers 3,1, 167-181. (Vilnius: Vilniaus pedagoginio universiteto leidykla)

[4] Hier geht es um die Frage, ob das Studium als Präsenzstudium, ausschließlich online-basiert oder als Kombination aus Präsenz- und Online-Anteilen (Blended Learning) durchgeführt wird – ein Aspekt mit hoher Zukunftsrelevanz.

[5] Dies entspricht einem so genannten „kurzen Nebenfach“ im finnischen System.

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